Häufig höre ich, dass jeder Hund ja ein Individuum ist und deswegen nicht für jeden Hund die gleiche Methode des Trainings richtig sei. Der eine kann halt nur mit Leckerli trainiert werden, der andere nur ohne Leckerli. Ganz ehrlich: diese Methoden-Diskussion stößt mir immer und immer wieder auf, denn sie ist die falsche Diskussion. Ja, jeder Hund ist definitiv ein Individuum. Aber: Lernen funktioniert immer gleich und man kann sowohl mit Leckerli als auch ohne Leckerli grottenschlecht oder aber gut trainieren.
Jemand, der behauptet, diese oder jene Methode sei die falsche für diesen Typ Hund oder diese besondere Rasse, hat wahrscheinlich (noch) nicht verstanden, nach welchen Regeln Lernen funktioniert. Nur darum geht es aber im Training – Situationen so zu gestalten, dass der Hund die Chance hat, Verhaltensweisen zu erlernen, zu üben und zu verallgemeinern. Ein Hund lernt über Nachahmung (soziales Lernen), über emotionale Verknüpfungen, also ein bestimmter akustischer, visueller, olfaktorischer Reiz wird direkt mit einem Gefühl in Verbindung gebracht (Klassische Konditionierung), oder über Konsequenzen auf Verhalten. Hier spricht man von der operanten Konditionierung:
1. Eine angenehme Konsequenz auf ein Verhalten oder eine Situation löst das Gefühl der Freude aus und verstärkt damit künftig das Verhalten – es wird häufiger auftreten, denn für das Gehirn des Hundes hat es sich gelohnt (z. B. Leckerligabe).
2. Auch wenn etwas Unangenehmes entfernt wird, sorgt das für ein Gefühl der Erleichterung und verstärkt das gezeigte Verhalten in Zukunft (z. B. Artgenosse entfernt sich nach Bellen).
3. Wenn etwas Angenehmes ausbleibt, auf das man sich eigentlich gefreut hat, dann löst das zunächst Frust aus und nach einer Zeit wird das Verhalten weniger gezeigt (z. B. Ball wurde nach Bellen immer geworfen und bleibt jetzt aus).
4. Fügt man etwas Unangenehmes hinzu, so sorgt das für das Gefühl des Unbehagens oder der Angst und schwächt Verhalten ab (z. B. Hund wird angezischt).
Damit muss dann – nach den Regeln des Lernens – mit dem Hund gearbeitet werden. Mit Strafe im Sinne von „etwas Unangenehmes wird hinzugefügt“ arbeite ich persönlich nicht bewusst, weil es zu viele Nebenwirkungen wie Fehlverknüpfungen und das Gefühl des Unbehagens oder der Angst beim Hund mit sich bringt – das schließe ich persönlich in meiner Arbeit mit Mensch und Hund aus. Ansonsten bediene ich mich im Training an allen anderen Quadranten der operanten Konditionierung.
Selbstverständlich gilt es, für jeden Hund ganz individuell herauszufinden, was der Hund als Verstärker und was als Strafe empfindet, also was ihn motiviert und was ihn demotiviert. Dazu gehört natürlich noch vieles mehr an Wissen, z. B. dass Stress und Überforderung sowie hormoneller „Umbau“ wie die Pubertät Lernvorgänge hemmen. Oder dass es sich unter entspannten, fröhlichen Bedingungen am besten lernt. Dabei sollte es nie um Methoden oder Rezepte gehen – sondern darum, dass dem Hund fair und schnellstmöglich, aber dennoch in seinem Tempo die Möglichkeit gegeben wird, das zu lernen, was wir von ihm haben möchten.
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